Tage Alter Musik – Programmheft 2019

81 T age a LTeR M USIK R egenSBURg Konzert 15 zum Programm: Dietrich buxtehude & Johann Sebastian bach Die Zusammenhänge zwischen Johann Sebastian Bach und Dieterich Bux- tehude wurden bisher zum Teil überstrapaziert, manchmal aber auch über- sehen. Bachs aufenthalt in Lübeck spielte für seine ausbildung in jungen Jahren eine entscheidende Rolle, allerdings tappen wir immer noch im Dunkeln bei der Frage, in welchemMaß Bach tatsächlich als Schüler Bux- tehudes angesehen werden kann. Vor diesemHintergrund sollen die heute abend aufgeführten Werke und ihre gegenüberstellung aufschluss dar- über geben, welchen einfluss Buxtehude auf den jungen Bach hatte. Membra Jesu nostri von Buxtehude ist neben den Kantaten eine seiner beliebtesten Kompositionen. Die ungewöhnliche Kombination der einzel- nen aspekte – die anbetung des Leibes Christi am Kreuz, die einrichtung als Passionszyklus und natürlich die nicht zu leugnende Schönheit der Musik – hat sicherlich zum erfolg des Werkes beigetragen, das sich zwi- schen seinen zahlreichen Kantaten behauptet. Und vielen Menschen kommt Membra vielleicht auch als erstes in den Sinn, wenn sie an die geist- liche Musik von Buxtehude denken. Buxtehude war die längste Zeit seines Lebens organist an der evangeli- schen Marienkirche in Lübeck. Seiner und der nachfolgenden generation galt er als überragender organist und orgelkomponist. Durch die abschriften seiner Bewunderer sind viele orgelwerke auf uns gekommen. Von seinem Vokalwerk wäre ohne die Sammlung und die abschriften sei- nes Freundes gustav Düben, des schwedischen Hofkapellmeisters, kaum etwas erhalten. Dokumente gibt es nur wenige von ihm, ein paar Briefe an Sponsoren seiner weithin berühmten Abendmusiken an St. Marien , nüch- terne aktenvermerke. neben seinem organistenamt war er auch Werk- meister an St. Marien, eine art Verwalter. In dieser Funktion kümmerte er sich sorgfältig darum, dass in der Kirche alles in ordnung war, dass alle gelder pünktlich ausgezahlt und korrekt verbucht wurden. In den erhaltenen Dokumenten hielt man sein amt als Werkmeister für wichtiger als das des organisten. Persönliche aufzeichnungen, Briefe oder Überlieferungen gibt es nicht. allein seine Musik spricht zu uns. So verschwimmt seine Person imHalbdunkel der Vergangenheit. Wir kön- nen uns kein Bild von ihm machen, und lange Zeit war kein Bild von ihm bekannt. erst vor wenigen Jahren wurde Buxtehude auf einem gemälde (1674) von Johannes Voorhout imMuseum für Hamburgische geschichte identifiziert. So hätte man ihn sich allerdings am wenigsten vorgestellt – als barocken Lebemann, gekleidet in feine Stoffe. Das gemälde lässt an geistreiche musikalische Unterhaltung denken, an Tanzmusik – sollte er sie geschrieben haben, so ist sie verloren gegangen. Zu unserem glück ist die Musik zu Membra Jesu nostri vollständig über- liefert, dank gustav Düben, dem das Werk von 1680 auch gewidmet ist. es gehört unter den erhaltenen Vokalwerken Buxtehudes zu den bedeu- tendsten, aber es gibt uns Rätsel auf. Ungewöhnlich sind Text undanlage, unklar ist seine Bestimmung. es handelt sich um einen Zyklus von sieben Kantaten mit Betrachtungen über sieben gliedmaßen Jesu am Kreuz. Der Text ist ein auszug aus der Rhythmica oratio , die lange unter dem namen Bernhards von Clairvaux überliefert wurden. Heute vermutet man arnulph von Löwen als den wirklichen autor. erstaunlich erscheint, dass der Protestant Buxtehude einen schwärmerisch-mystischen lateinischen Text des Mittelalters vertont, aber dieser Text wurde seinerzeit mehrfach von Protestanten übersetzt, Fabio Bonizzoni, Orgel, & Leitung Foto: Marco Borggreve Aldona Bartnik, Sopran Francesca Cassinari, Sopran Nausicaa Nisati, Alt Raffaele Giordani, Tenor Salvo Vitale, Bass Allegorie auf die Freundschaft von Johannes Voorhout, 1674. Am Cembalo sitzend Johann Adam Reincken, links daneben vermutlich Buxtehude an der Viola da gamba.

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