Tage Alter Musik – Programmheft 2019

73 T age a LTeR M USIK R egenSBURg Konzert 13 über die junge schottische Sängerin heißt es u.a.: „Sie passt sich mit ihrer hellen, gerade geführten Stimme dem Charakter jedes Liedes an, überzeugt bei introvertierten Stücken ebenso wie bei leidenschaftlichen oder humorvol- len. Der fließende Übergang von instrumentalen zu damit harmonie- renden vokalen Abschnitten und umgekehrt sorgt beim Hören für man- che magische Momente“. Rachel Red- mond stammt aus glasgow und studierte u.a. an der Royal Scottish academy of Music and Drama und an der guildhall School of Music and Drama. Sie war Mitglied der akademie für junge Sänger „Jardin des Voix“ von William Christies Les arts Florissants. Überhaupt war William Christie einer ihrer großen Förderer, unter dessen Lei- tung sie in zahlreichen Konzerten- und opernaufführungen mit- wirkte. Mittlerweile ist sie im Bereich der alten Musik als Sopra- nistin für das Konzert- und opern- repertoire europaweit sehr gefragt. zum Programm: A Fancy – Fantasy on englishAirs & tunes Zur Zeit der Stuart-Restauration waren Londons Theater lebhafte Musikzentren, die, bereichert durch die einführung weiblicher Schauspieler und wandelbarer Kulissen, Publikum anlockten, das sich vom Schauspiel und der Musik genauso angezogen fühlte wie vom The- aterstück an sich. Der führende Theaterkomponist der Zeit war Matthew Locke, dessen theatermusikalische erfahrungen bis in die Commonwealth- Periode zurückreichten. obwohl die Puritaner die Spielhäuser geschlossen hatten, konnten sich einige Unterhaltungsveranstaltungen dem Schau- spielverbot entziehen, wenn sie wenigstens in Teilen mit Musik unterlegt waren. ein solcher Fall war das Maskenspiel Cupid and Death , das von Shirley aus Äsops Fabeln adaptiert wurde. gibbons versah es für eine aufführung vor dem portugiesischen Botschafter 1654 mit Musik und weitere wurde 1659 von Locke hinzugefügt. als die Theater 1660 wiedereröffnet wurden, erwar- tete man in jedem Stück Musik zu hören, allerdings meist eher zur aus- schmückung und weniger als integraler Bestandteil der Handlung. alle Stücke benötigten Musik für den Beginn jedes aktes sowie für die Zeit zwi- schen denakten. Locke verfasste derartige Schauspielmusik für mindestens 20 Stücke, die aber heute nur in wenigen Fällen konkreten Werken zuge- ordnet werden kann. Die meisten seiner Melodien, wie Curtain tune und Lilk , sind in der Handschrift The Rare Theatrical überliefert, wo sie nach Ton- arten statt nach Stücken geordnet sind, deren Titel nicht aufgezeichnet wur- den. Das Royal College Manuscript 1172 ist ein späterer Sammelband, der Schauspielmusik für Stücke aus den letzten zehn Jahren des Jahrhunderts enthält. auch hier erfolgt die ordnung nach Tonarten und nicht nach Stü- cken. Der Schreiber sammelte ausschließlich Beispiele in g-Moll, darunter Purcells hervorragende Curtain tune zu Timon of Athens (für eine Wieder- aufführung 1695). Die Musik dieses energischen Stückes entfaltet sich über einem ostinato in Form einer sich wiederholenden Basslinie. Purcell war ein Meister im Umgang mit solchen ostinaten Bäs- sen, die er oft in Vokalwerken ver- wendete. So z. B. in dem Song O Solitude , einer melancholischen Vertonung der ersten und letzten Strophe aus Katherine Phillips‘ poetischer, 20-strophiger Überset- zung von La Solitude / À Alcidon von Marc-antoine girard de Saint- amant. Die Technik des Basso os- tinato war auch unter Purcells Kol- legen verbreitet. Draghis Where art thou, God of dreams wird von einem Rezitativ im italienischen Stil eröff- net, auf das ein Lied mit ostinat geführter Basslinie folgt. In diesem verwendet er eine von Purcells Lieblingstechniken: er gestaltet die Melodielinie so, dass sie über die regelmäßigen Kadenzen, die durch das Bassmuster impliziert werden, hinweggleitet. Draghi war ein wichtiger akteur in Londons Musikszene. gemeinsam mit seinem katholischen glaubens- genossen Locke arbeitete er als organist in der Kapelle der Katha- rina von Braganza und unterrich- tete Prinzessin (später Königin) anne im Spiel von Tasteninstru- menten. Die ausstrahlung des musikalischen Stils seiner italieni- schen Heimat hatte einen bedeu- tenden einfluss auf die lokalen Komponisten. Das Publikum der Restaurationszeit begehrte mehr denn je Musik und Spektakel in Theateraufführungen, und die Theatergesellschaften reagier- ten in Form eines neuen dramatischen genres, das vollgepackt war mit Musik, Tanz und szenischer Darstellung: der oper. James Harts Adieu to the Pleasures wurde zur ersten dramatischen oper, der Inszenierung von The Tempest im Jahr 1674, aufgeführt. Locke war der bedeutendste einer Reihe von Komponisten, die Musik zu The Tempest schrieben. Sein Canon a 4 in 2 verwendet zwei musikalische Linien und macht daraus ein vier- stimmiges Stück: Jede Linie wird in zwei Stimmen geführt, die um einige Zählzeiten versetzt sind. 1675 steuerte Locke Musik zu Shadwells Psyche bei, einem Stück, das noch elaborierter war als The Tempest . The descending of Venus erklang im Kontext eines der typischen szenischen Topoi der Barockoper: der erscheinung eines gottes in einer kunstvollen Bühnen- maschinerie, in diesem Fall Venus in einemWagen, der von Tauben gezo- gen wird. Lockes sinnliche Symphonie im französischen Stil muss bestimmt perfekt zu diesem visuellen erlebnis gepasst haben. auch am Hofe Charles II. wurden musiktheatralische Werke inszeniert, allerdings in anderer Form als in den kommerziellen Theatern. Venus and Adonis von John Blow wurde vermutlich 1683 am Hof aufgeführt und ist eine oper im heutigen Sinne des Begriffs, d. h. dass darin von anfang bis ende gesungen wird. Tanz spielte ebenfalls eine wichtige Rolle und so begleitet Blows Musik im zweiten akt einen Tanz der grazien. Für eine der kunstvollsten Produktionen der Restaurationszeit, die oper Albion and Albanius , arbeiteten der Hof und die kommerziellen Theater 1685 zusam- men. Das Libretto stammte vom Hofdichter John Dryden und die Musik vom in Katalonien geborenen Louis grabu, der in Frankreich ausgebildet Marine Sablonnière, Blockflöte Rachel Redmond & Bertrand Cuiller Stéphan Dudermel, Violine

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