Tage Alter Musik Regensburg 2024 42 Auf der Zielgeraden der Tage Alter Musik standen zwei außergewöhnliche Konzertereignisse, die verschiedener nicht hätten sein können und doch in eine Beziehung zueinander traten, die sich auf den ersten Blick gar nicht aufdrängte. Denn die scheinbare Exotik des Konzerts von Marco Beasley und der kanadischen Formation Constantinople mit ihrem Leiter Kiya Tabassian im übervollen Reichsaal schlug nicht nur die Brücke zwischen Orient und Okzident, sondern löste Kulturgrenzen auf, verschmolz westliche und orientalische Musik des Mittelalters und der Renaissance zu einem Ganzen. Stimmte Marco Beasley, der charismatische Meister des frühbarocken Gesangs, italienische Liebeslieder aus seinem kleinen Büchlein in der Begleitung osmanischen Instrumentariums (die persische Laute Setar oder die arabische Zither Kanun) an, dann war meist nur noch schwer auszumachen, was von wem getragen wurde, welcher Stil der vordergründige war. Und wenn auch noch Kiya Tabassian im anrührenden, venezianischen Lied „tu dormi Libro“ als Duettpartner von Beasley hinzutrat, waren Orient und Okzident kaum mehr voneinander zu trennen. Die Instrumentalstücke wirkten irgendwann improvisiert, ähnelten erstaunlich in Machart und Struktur einer fiebrigen Jazzsession. Die finale furiose Tarantella versetzte das Publikum schließlich vollends in Verzückung und verschob die Horizonte, jenseits der üblichen Auffassung historischer Aufführungspraxis und ihrer Verengung auf westliche Musiktradition. Faszinierende Parallelen Wer anschließend unter diesem Eindruck in die Dreieinigkeitskirche zu Händels barockem Oratorium „Samson“ eilte, konnte in der fast drei Stunden dauernden Aufführung erstaunlich faszinierende Parallelen zu den orientalischen Floskeln und Verzierungen finden, freilich nicht in der deutlich engeren persisch-osmanischen Harmoniestruktur. Die Capella Cracoviensis unter der Leitung von Jan Tomasz Adamus hatte zusammen mit dem sechsköpfigen Solistenensemble tatsächlich ein dickes Brett zu bohren. Die Geschichte um den alttestamentarlichen Helden Samson in seinen Rezitativen, Chören und Arien scheint schier endlos und ist doch von Georg Friedrich Händel geschickt gewoben und dramaturgisch aufgeladen. Vom Cembalo aus trieb Adamus das Geschehen unaufhörlich an, kannte wohl die Tücken und Längen der Partitur und verlangte in allen Partien stets nach hohen Tempi. Das setzte die renommierte Solistenriege Rebecca Bottone, Joanna Sojka (Soprane), Xavier Sabata (Countertenor), ZbigniewMalak und Robin Bailey (Tenöre) sowie Lisandro Abadie als Bass manches Mal sichtlich unter Stress in den Rezitativen und verlangte nach reaktionsschnellen Anschlüssen. Deshalb wackelte es hin und wieder leicht in diesen Momenten, was aber den Eindruck einer durchdachten Interpretation und Dramaturgie nie trübte – dafür war die grundsätzliche Qualität der InstruGrenzenlos zwischen Welten Die 39. Tage Alter Musik gingen mit zwei herausragenden Konzertereignissen zu Ende Autor: Andreas Meixner // 22. Mai 2024 Marco Beasley, der charismatische Meister des frühbarocken Gesangs, gastierte mit der kanadischen Formation Constantinople im Reichssaal Das festival Die Tage Alter Musik zählen zu den bedeutendsten Konzertreihen ihrer Art. Künstler und Besucher des von Publikum wie Kritikern gefeierten Festivals kommen aus aller Welt. Die Macher Das Festival ist eine private Initiative, gelenkt von den Gründern Ludwig Hartmann und Stephan Schmid sowie Paul Holzgartner.
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