Tage Alter Musik – Almanach 2018

68 23. Mai 2018 // Autor: Andreas Meixner Dass die Tage Alter Musik in Regensburg be- ginnen, ist im Straßenbild der Altstadtgassen immer leicht zu erkennen. Entweder klemmt das riesige Programmheft unter den Armen der Passanten oder es lugt aus Ruck- säcken und Tragetaschen hervor. Jeder hat mit diesemDing aus 100 Seiten geballter In- formation zu kämpfen, knickt und faltet es, bis es sich nur noch mit Mühe blättern lässt. Ihre Besitzer sprechen viele Sprachen, aus ganz Europa reisen sie in die alte Donau- stadt. Seit 34 Jahren sind die vielen Kirchen und historischen Räume Schauplatz eines Festivals, das bis heute erfrischend hemds- ärmelig daherkommt. Wer schicke Stehti- sche und Prosecco vor den Veranstaltungs- orten sucht, wird vergebens Ausschau hal- ten. Ein paar Klapptische müssen reichen, um den Kartenverkauf und den CD-Stand zu organisieren. Die Liedtexte werden in den Kopierer gelegt, zusammengeklammert und an den Eingängen verteilt. Fertig, mehr braucht es nicht. Ludwig Hartmann, Stephan Schmid und Paul Holzgartner, die Macher des Festivals, radeln in Jeans und T-Shirt durch die Gassen, ein Sakko oder gar ein Anzug wären unpraktisch und hinderlich. Die vier Konzerttage sind ge- nauso unaufgeregt und entspannt, für die Atmosphäre sorgen allein die Musik und die authentischen Orte, wie es sie in dieser Dichte nur Regensburg haben dürfte. Mendelssohns Lobgesang eröffnet amFreitagabend den dies- jährigen Reigen von 17 Konzerten. Die Re- gensburger Domspatzen und Concerto Köln unter der Leitung von Domkapellmeister Ro- land Büchner schaffen eine schlanke, aber schlagkräftige Interpretation, leidenschaftlich und homogen imZusammenwirken von Chor und Orchester. Dass Bach nicht nur in seinem eigenen Fundus Arien oder ganze Werke für andere Zwecke umarbeitete, sondern bei Be- darf auch Musik geschätzter Zeitgenossen in sein Repertoire aufnahm und modifizierte, zeigt das Konzert des Barockorchesters La Fo- lia und des Vokalensembles Polyharmonique - sogar eine Messe von Palestrina findet sich darunter. Allerdings hat das Programm mit fast zweieinhalb Stunden seine Längen, und so eilt die Menge danach schnellstens in das Nachtkonzert zur nahegelegenen Schottenkir- che, wo das Tenebrae Consort wartet. Motet- ten und die Missa pro defunctis von Victoria fluten dort die Sinne, völlig überirdisch ent- Bruno Bonhoure und La Camera delle Lacrime in der Minoritenkirche Unaufgeregt gut Die Tage Alter Musik begeistern in Regensburg

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