Tage Alter Musik – Almanach 2018

Online Musik Magazin 65 Marie Leclaire spielte. Die Finnen, erstmals 2003 noch als „Sixth Floor Orchestra“ bei den Tagen Alter Musik in Regensburg zu Gast, entfalteten von Beginn an mit Tele- manns berühmter „Hamburger Ebb’ und Flut“ in recht großer Besetzung barocke Or- chesterpracht. In Georg Muffats Concerto grosso Nr. 6 „Quis Hic“ kam so der Kontrast zwischen solistisch besetztem Concertino und dem großen Ensemble gut zur Geltung. Nach der Pause, während Leclairs Suite aus „Scylla et Glaucus“ erklang, gab es im Publi- kum einen medizinischen Notfall, der eine längere Unterbrechung des Programms zur Folge hatte. Mit Leclairs Violinkonzert a-Moll ging es aber schließlich weiter – keine einfache Auf- gabe für die souverän aufspielende Solistin Amandine Beyer. Noch zwei Nachtkonzerte warteten schließ- lich auf ihr Publikum. Die Barokksolistene aus Norwegen traten nach 2014 zum zweiten Mal im Leeren Beutel auf. Stand zunächst Musik von Henry Purcell auf dem Pro- gramm, ging es anschließend mit einer Ale- house Session weiter. – Doch hier, zu mitter- nächtlicher Stunde, waren Kondition und Konzentration aufgebraucht, musste der Re- zensent passen... Festlicher Abschluss mit Zelenkas Gotteslob Guter Dinge und frisch ging es amMontag- morgen zunächst in den Reichssaal, wo Sty- lus Phantasticus eine „Geographie der Ge- fühle“ ausbreitete. Mal spielerisch leicht, mal expressiv oder einfach tänzerisch galant zeigte das renommierte Ensemble den Fa- cettenreichtum der französischen Airs de Cour des 17. Jahrhunderts. Claire Lefilliâtre erwies sich mit ihrem dunkel timbrierten, unaufdringlichen Sopran als stilsichere Interpretin der Kompositionen von Pierre Guédron, Étienne Moulinié, Charles Tessiers u.v.a. Sie wurde in variablen Besetzungen von Jean Tubéry (Zink), Friederike Heu- mann (Diskant-Gambe & Leitung), Frauke Hess (Alt-Gambe), Leonard Bortolotto (Bass-Gambe), James Munro (Violone) und Evangelina Mascardi (Laute) begleitet. So ge- lang mit diesen leider viel zu selten dargebo- tenen musikalischen Kleinodien ein kurz- weiliger, unterhaltsamer Einstieg in den letz- ten Festivaltag. Im folgenden Konzert widmete sich das Sol- lazzo Ensemble der Musik an der Schwelle vom Mittelalter zur Renaissance. Auf dem Weg des Abendlandes in die Neuzeit spielte Italien eine herausragende Rolle. Dies gilt insbesondere für die Stadt Florenz unter der Herrschaft der Medici. Das Schweizer En- semble beleuchtete in seinem Programmmit „Musik aus der Blütezeit des Humanismus“ die kulturelle Blüte um 1350, die prägend für den gesamten europäischen Kontinent wer- den sollte. ImMittelpunkt standen geistliche und weltliche Kompositionen von Paolo da Firenze und Francesco degli Organi, ge- nannt Landini. Stilsicher ließen Perrine De- villers (Sopran), Andrew Hallock (Counter- tenor) und Vivien Simon (Tenor) ihre Stim- men geradezu schwerelos in der für diese Musik idealen Akustik der Minoritenkirche aufsteigen. Sophia und Anna Danilevskaia (Fidel), Roger Helou (Organetto) und Fran- ziska Fleischanderl (Salterio) bereicherten die Gesänge mit ihren Instrumenten und setzten mit manchem schönen Intermezzo, etwa dem anonymen „Poi che veder non posso“, eigene hörenswerte Akzente. Nach Lorenzo da Firenzes „A poste messe“, einer tonmalerischen Caccia, wurde das Sollazzo Ensemble vom Publikummit großem Beifall bedacht. Das Abschlusskonzert der 34. Tage Alter Musik war einem leider immer noch viel zu wenig beachteten Zeitgenossen Johann Se- bastian Bachs gewidmet: Jan Dismas Ze- lenka (1679-1745). Das Ensemble Inégal – Prague Baroque Soloists hat die Psalmi Ves- pertini des in Dresden wirkenden Böhmen auf CD eingespielt und 2015 veröffentlicht. In der Dreieinigkeitskirche präsentierten die Tschechen unter der Leitung von AdamVik- tora eine Auswahl dieser Kompositionen, in denen Zelenka eine große Spannweite reli- giöser Andacht musikalisch zum Ausdruck brachte. Allerdings galt es neben der liturgi- schen Funktion der Psalmi auch, dem reprä- sentativen Bedürfnis des sächsisch kurfürst- lichen Hofes gerecht zu werden. Große Klangpracht mit Pauken und Trompeten kommt ebenso zum Tragen wie am Vorbild der italienischen Oper geschulte Virtuosität, insbesondere der Gesangssolisten. Gabriela Eibenová und Lenka Cafourková (Sopran), Terry Wey (Altus), Virgil Hartinger (Tenor) sowie Marián Krejčík (Bass) – alle aus den Reihen des sehr guten 17-köpfigen Chores – ließen da kaumWünsche offen. Das hervor- ragende Orchester gab ein weiteres Mal eine Kostprobe der vorzüglichen Barockorches- tertradition Tschechiens. Mit stehenden Ovationen verlangte das Pu- blikum eine Zugabe, so dass die Tage Alter Musik mit einem Da Capo des „Amen“ aus Zelenkas „Magnificat“ festlich zu Ende gin- gen. Per Buhre & Berit Norbakken Solset und … … Steven Player von Barokksolistene

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