Tage Alter Musik – Almanach 2018
Online Musik Magazin 63 sikalisch miteinander. Hana Blažíková ge- hört mit ihremmakellosen, äußert flexiblen Sopran und einer exzellenten Deklamation derzeit zweifellos zu den Besten ihres Fachs. Gleiches gilt für Bruce Dickey, dessen bril- lantes Spiel das Vorbild der menschlichen Stimme stets erahnen lässt. Zusammen lie- ßen sie die Musik von Maurizio Cazzati, Si- gismondo d’India, Tarquinio Merula, Ales- sandro Scarlatti u.a. in einem hellen, makel- losen Licht erstrahlen. Den Solisten zur Seite wirkten Veronika Skuplik und Francisca Anna Hajdu (Violinen) sowie Jakob Lind- berg (Theorbe), Mieneke van der Velden (Viola da Gamba) und Kris Verhelst (Cem- balo, Orgel) mit, die das Programm mit in- strumentalen Intermezzi abrundeten. Eine besondere, mittelalterlich-modal anmutende Klangfarbe brachte das meditative „Mélena imí“ (Nigra sum) der griechischen Kompo- nistin Calliope Tsoupaki (geb. 1963) in das Konzert. AmNachmittag erinnerte das belgische En- semble InAlto um den jungen Zinkenisten Lambert Colson an die großen Pestepide- mien, die Venedig im 16. und 17. Jahrhun- dert heimgesucht hatten. ImMittelpunkt des Programms stand die Erbauung der Kirche Maria della Salute im Jahre 1631. Geistliche Kompositionen und Instrumentalmusik wurden in vier Themenblöcken stimmig zu- sammengeführt. Jedoch hätte man sich an- gesichts der dargebotenen Werke von Gio- vanni Gabrieli, Claudio Monteverdi und Zeitgenossen sowie der Thematik ein ex- pressiveres, kontrastreicheres Musizieren ge- wünscht. So war alles recht gut, schön – und zu brav. Wie es auch anders gehen kann, zeigten im Abendkonzert das Vokalensemble Polyhar- monique und das La Folia Barockorchester. Im besten Sinne beseelt sangen und spielten die hervorragenden Musiker Werke von Marco Giuseppe Peranda, Francesco Barto- lomeo Conti, Giovanni Pierluigi da Pales- trina und Francesco Durante in Bearbeitun- gen von Johann Sebastian Bach. Alessandro Marcellos Oboenkonzert d-Moll erklang im ersten Teil mit Tatjana Zimre als Solistin in der Originalgestalt, nach der Pause in Bachs Cembalo-Bearbeitung, gespielt von Andreas Küppers – hier musste man in der großen Dreieinigkeitskirche schon recht genau hin- hören. Bach selbst wurde vom glänzend auf- gelegten Ensemble Polyharmonique, in dem sich exzellente Einzelstimmen zu einem har- monischen Ganzen vereinten, mit der Mo- tette „Lobet den Herren“ die Ehre erwiesen. Mit einem weiteren musikalischen Höhe- punkt ging der Samstag in der Schottenkir- che zu Ende. Das Tenebrae Consort führte die Missa pro defunctis von Tomás Luis de Victoria auf. Dabei überzeugte das zehnköp- fige britische Vokalensemble unter der Lei- tung von Nigel Short mit einer verblüffen- den Perfektion und Homogenität der Stim- men, denen bei aller Klarheit stets ein ange- nehm irdisch-raues Timbre anhaftete. Mit einer großen dynamischen Spannweite und, wo angebracht, quasi instrumentaler Schärfe verliehen die Sängerinnen und Sänger Vic- torias 1605 veröffentlichter Totenmesse eine bewegende Eindringlichkeit und Emotiona- lität. Stehende Ovationen zum Schluss! Bachs Motetten imWohlklang Der Geigenvirtuose Heinrich Ignaz Biber ist bekannt für seine extravaganten Komposi- tionen für Violine. Insbesondere liebte er das Experiment mit verschiedenen Stimmungen seines Instruments, so in den Triosonaten der „Harmonia Artificiosa Ariosa“ aus dem Jahr 1712. Aus diesem Opus führte das En- semble Les Passions de l’Ame in der Sonn- tagsmatinee vier Partiten auf. Die beiden Geigerinnen Meret Lüthi und Sabine Stoffer Hana Blažíková, Jakob Lindberg, Kris Verhelst, Mineke van der Velden (v.l.) Tenebrae Consort in der Schottenkirche
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